Nebel über der Stadt

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Noch zeichnen sich die Türme in die Schicht

grau-finstern Qualms, in den die Stadt versunken.

Nun schwinden sie, bald ist das letzte Licht

von all den vielen Augen aufgetrunken.

Hier oben, wo die letzten Häuser sind,

neigt sich der Tag noch zögernd in die Beete

dunkelnder Gärten, manchmal harft der Wind

im Saitenspiel der Telegraphendrähte.

Ein tiefes Dröhnen pulst von unten her

wie ein gewaltig-dumpfes Ohrensausen,

wenn über Eisenbrücken eisenschwer

die späten Züge ins Gelände brausen.

Da – eine Kuppel, die in Flammen steht –

wölbt purpurn sich der Mond aus Häusermassen,

nun schwebt er auf und steigt wie ein Gebet,

um hoch im Äther silbern zu verblassen.

Jetzt geben in der Stadt die Glocken Laut

gleich Hunden, die im Schlaf den Mond anwimmern,

und, wie aus bläulichem Metall gebaut,

glimmern die Dächer – Lichterreihen schimmern!

„Abend über der Stadt“ Anton Wildgans

2 Antworten zu „Nebel über der Stadt”.

  1. Ich antworte auf dieses schöne Gedicht mit einem Gedicht von Hesse

    Im Nebel

    Seltsam, im Nebel zu wandern!
    Einsam ist jeder Busch und Stein,
    Kein Baum sieht den andern,
    Jeder ist allein.

    Voll von Freunden war mir die Welt,
    Als noch mein Leben licht war;
    Nun, da der Nebel fällt,
    Ist keiner mehr sichtbar.

    Wahrlich, keiner ist weise,
    Der nicht das Dunkel kennt,
    Das unentrinnbar und leise
    Von allen ihn trennt.

    Seltsam, Im Nebel zu wandern!
    Leben ist Einsamsein.
    Kein Mensch kennt den andern,
    Jeder ist allein.

    November 1905

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    1. Danke für die deine Antworten mit Gedichten. Zurzeit kommt soviel Positives auf mich zu, dass ich fast täglich überrascht bin…….

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